Erbengemeinschaften sind Zufallsgemeinschaften und von daher immer streitanfällig. Die anwaltliche Praxis zeigt: Nicht nur die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gestaltet sich oftmals zäh und zermürbend, sondern auch die Vornahme notwendiger Handlungen kann in einer Vielzahl von Fällen von jedem einzelnen Miterben blockiert werden. Der Bundesgerichtshof hat nun die Handlungsfähigkeit von Erbengemeinschaften in einer neuen Entscheidung erleichtert.
Stellen Sie sich vor, Sie bilden mit Ihren beiden Geschwistern eine Erbengemeinschaft. Im Nachlass befindet sich ein Grundstück, das der Erblasser zu seinen Lebzeiten zu einem „Spottpreis“ vermietet hatte. Ihr Bruder und Sie sind der Ansicht, dass das Grundstück wirtschaftlich besser genutzt werden kann und beabsichtigen, den Mietvertrag zu kündigen. Vielleicht haben Sie sogar schon einen Interessenten an der Hand, der das Grundstück zu einem Vielfachen des derzeitigen Mietzinses anmieten möchte. Die dritte Miterbin jedoch blockiert Ihr Vorhaben. Sie ist gegen eine anderweitige Vermietung.
Nach der bisherigen Rechtsprechung waren Ihnen in einem solchen Fall die Hände gebunden. Denn die Kündigung eines Mietverhältnisses bedarf der Mitwirkung aller Erben, so der Bundesgerichtshof in seinen älteren Entscheidungen. Erfreulicherweise hat das oberste Gericht seiner bisherigen Auffassung den Rücken gekehrt und lässt nun die Kündigung eines Mietverhältnisses durch die Mehrheit der Erben zu. Denn für die Begründung eines Vertrages reicht es aus, wenn die Erben mehrheitlich handeln. Deshalb sei es naheliegend, wenn die Beendigung des Rechtsverhältnisses gleichfalls mehrheitlich möglich ist. Vorausgesetzt wird nur, dass die Kündigung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung erfolgt, also zum Werterhalt des Nachlasses beiträgt.
Mit seiner Entscheidung erleichtert der Bundesgerichtshof das Handeln von Erbengemeinschaften. In Zukunft dürfte die Erbengemeinschaft etwas leichter zu verwalten sein.
Unser Tipp: Machen Sie bei Ihren rechtsgeschäftlichen Handlungen (bspw. einer Kündigung) nach außen hin deutlich, dass die Mehrheit der Erben sie so beschlossen hat.